Ortsrundgang – 3. Teil

Neues Einkaufszentrum und „Neuer Markt“

Wir gehen zurück zum Ade­nau­er­ring und sehen auf der gegen­über­lie­gen­den Stra­ßen­sei­te die Ein­fahrt zum neu­en Set­te­ri­cher Ein­kaufs­zen­trum. Erst vor weni­gen Jah­ren ent­stand zwi­schen Ade­nau­er­ring, Haupt­stra­ße und Schnit­zel­gas­se die­ses Zen­trum, wel­ches im Juli 2010 eröff­net wer­den konn­te. Lan­ge Jah­re hat­te die Stadt mit Inves­to­ren und den Anwoh­nern ver­han­delt, bis es tat­säch­lich zur Ver­wirk­li­chung die­ses gro­ßen Pro­jek­tes kam.

Gewer­be­be­trie­be gab es hier auch schon vor der Errich­tung des Ein­kaufs­zen­trums. Josef Jan­sen betrieb in Höhe des jet­zi­gen Ein­fahrts­be­rei­ches zum Neu­en Markt (vom Ade­nau­er­ring gese­hen) schon 1964 eine SHELL-Tank­stel­le und spä­ter sie­del­te sich hier ein Auto­mo­bil­han­del mit Wagen­pfle­ge und Abschlepp­dienst an.

Haupt­stra­ße Set­te­rich in Höhe “Neu­er Markt” 2008

An der Ecke Adenauerring/Hauptstraße stand Set­te­richs ers­ter „Schnell­im­biss“. Bei Sig­gi Sickert gab es dort seit 1961 lecke­re Pom­mes; für einen Gro­schen mehr auch mit einem Schlag Mayo dazu.

Im Ein­mün­dungs­be­reich zur Schnit­zel­gas­se befand sich das ange­se­he­ne Blu­men­ge­schäft von Adam Lütt­gens, wel­ches zuletzt von sei­nem Sohn Wolf­gang geführt wur­de.

Dem rüh­ri­gen Set­te­ri­cher Gemein­de­di­rek­tor Franz Cra­nen, der seit 1963 die Geschi­cke der gera­de selb­stän­di­gen Gemein­de Set­te­rich lei­te­te, war es zuzu­schrei­ben, dass hier, wo wir heu­te u.a. eine Tages­pfle­ge­ein­rich­tung für Senio­ren sehen, der ers­te ALDI-Markt der nähe­ren Umge­bung ent­stand.

Für eine Betrach­tung der his­to­ri­schen Bedeu­tung die­ses Are­als und der Chro­no­lo­gie des Bau­fort­schritts, grei­fen wir ger­ne auf einen in unse­remMit­tei­lungs­blatt Num­mer 40, “Set­te­rich im Wan­del”, ver­öf­fent­lich­ten umfang­rei­chen Bericht unse­res lang­jäh­ri­gen Archi­vars Leo Gro­ten­rath zurück.

Das Geschäftsviertel Setterichs zwischen  den Straßen „An der Burg“ und „Im Bongert“

Nach Fer­tig­stel­lung der Orts­um­ge­hung im Herbst 2011 konn­te die stark belas­te­te Haupt­stra­ße (Bun­des­stra­ße 57) zur Stadt­stra­ße her­un­ter­ge­stuft wer­den. Jetzt gab es end­lich die Mög­lich­keit, die Stra­ße umzu­ge­stal­ten.  Im Bereich von der Schmied­stra­ße bis zu der Stra­ße „Im Bon­gert“ wur­den in meh­re­ren Bau­ab­schnit­ten Haus­an­schlüs­se erneu­ert, die Fahr­bahn ver­engt, Bür­ger­stei­ge erneu­ert, Bäu­me gepflanzt und Park­plät­ze ange­legt. Die Haupt­stra­ße wur­de als Tem­po 30-Stre­cke aus­ge­wie­sen und für den LKW-Durch­gangs­ver­kehr gesperrt. Es ent­stand ein neu­es, attrak­ti­ves Stra­ßen­bild.

Die Gaststätte „Zur Kurve“

Wir über­que­ren die Haupt­stra­ße, wen­den uns nach rechts und sehen die Gast­stät­te „Zur Kur­ve“. Die Chro­nik der Gemein­de Set­te­rich erwähnt am 15.04.1862 den Wirt Peter Schaaf als Betrei­ber die­ser Gast­stät­te. Bereits um 1916 bestand in die­ser Gast­stät­te eine viel­ge­nutz­te Kegel­bahn.

1928 erfolg­te der Anbau eines Ledi­gen­hei­mes für Arbei­ter der Zechen in Baes­wei­ler und Als­dorf. Die­ses Ledi­gen­heim wur­de ab 1932 als Saal genutzt.

Auf dem Bild aus dem Jah­re 1934 ist zu sehen, dass die Gast­stät­te damals noch als „Restau­ra­ti­on Wil­helm Schaaf“ bezeich­net wur­de.

Betrei­ber der Gast­stät­te waren immer noch Ange­hö­ri­ge der Fami­lie Schaaf.

Die Namens­nen­nung “Zur Kur­ve” erhielt die Gast­stät­te durch das Ehe­paar Eli­sa­beth und Bru­no Nau­joks, rechts im Bild vor der Gast­stät­te mit einer unbe­kann­ten Per­son in Uni­form.

Sie führ­ten die Gast­stät­te von 1937 bis 1939.

Theo Nau­joks aus Stol­berg stell­te uns freund­li­cher­wei­se die­ses Foto sei­ner Eltern zur Ver­fü­gung.

Das Settericher Kino

Nach Abbruch des ehe­ma­li­gen Tanz­saa­les ent­stand 1956 an glei­cher Stel­le ein moder­nes Licht­spiel­thea­ter mit ca. 500 Sitz­plät­zen. Es wies beque­me Sitz­stuhl-

rei­hen auf, die in der Loge hoch­ge­pols­tert und mit Kunst­le­der bezo­gen waren. Die Lein­wand war ein­ge­rich­tet für Nor­mal­film, Breit­wand­for­mat und Cine­ma­scope-Vor­füh­rung.

Am 4. Novem­ber 1956 war Pre­mie­re im neu­eröff­ne­ten “Apol­lo-Thea­ter”. Um 17.00 Uhr und 20.00 Uhr lie­fen “Kai­ser­ball” mit Son­ja Zie­mann und Rudolf Prack in den Haupt­rol­len. In der Spät­vor­stel­lung um 22.15 Uhr wur­de der Kri­mi­nal­film “Die gro­ße Masche” gezeigt. Die Vor­stel­lun­gen waren rest­los aus­ver­kauft.

Am 19. Sep­tem­ber 1957 ereig­ne­te sich ein tra­gi­scher Zwi­schen­fall. Der Besit­zer

Anton Cremer stürz­te bei einer Inspek­ti­on des Dach­bo­dens durch die Decken­ver­klei­dung in die Kino­be­stuh­lung und zog sich töd­li­che Ver­let­zun­gen zu.

Durch den auf­kom­men­den Fern­seh­boom ab Anfang der 60er Jah­re lie­ßen die Kino­be­su­che deut­lich nach, so dass das Kino nach rund 6 Jah­ren Spiel­zeit lei­der schlie­ßen muss­te. Nach neu­er­li­chem Umbau ent­stan­den an glei­cher Stel­le erst ein Hill­ko-Super­markt und spä­ter ein PLUS-Markt. Bis vor kur­zer Zeit befand sich hier ein Geträn­ke­han­del.

Der Saal dien­te im II. Welt­krieg als Näh­stu­be. Im Krieg stark beschä­digt, war er nach dem Wie­der­auf­bau um 1947 der ers­te nutz­ba­re Saal in Set­te­rich. Nach 1953 dien­te er zur Unter­brin­gung von 50 Ost­flücht­lin­gen, die zwecks Arbeits­auf­nah­me auf der Gru­be Emil-May­risch nach Set­te­rich kamen.

Das „Übergangs-Rathaus“ – heute ein Elektrogeschäft

Im über­nächs­ten Haus nach dem Geträn­ke­markt befin­det sich heu­te ein Elek­tro­ge­schäft.

Die­ses Haus dien­te vom 01.01.1963 bis Ende Sep­tem­ber 1965 der gera­de selbst­stän­dig gewor­de­nen Gemein­de Set­te­rich über­gangs­wei­se als Rat­haus.

Zum 1.1.1963 hat­te sich die Gemein­de Set­te­rich aus dem Amts­ver­band Immendorf-Würm gelöst.

Set­te­rich war mitt­ler­wei­le so gewach­sen und finan­zi­ell erstarkt, dass der Gemein­de­rat den Sprung in die kom­mu­na­le Selb­stän­dig­keit wagen woll­te. Den Pla­nungs­auf­trag für den Bau eines neu­en Rat­hau­ses hat­te der Gemein­de­rat bereits im Dezem­ber des Vor­jah­res ver­ge­ben. Bis zur Fer­tig­stel­lung und  bis zum Umzug in das neue, schmu­cke Gebäu­de an der Stra­ße „An der Burg“  gin­gen dann aber noch 2 ¾ Jah­re ins Land.

Die Bergmannssiedlungen

Wen­den wir uns nun der Ost­land­stra­ße zu, so befin­den wir uns im ers­ten der in drei Bau­ab­schnit­ten errich­te­ten Berg­mans-Sied­lun­gen. Am 16.07.1953 wur­de der Grund­stein für 446 Woh­nun­gen gelegt. Bau­herr war die AWOG = Ange­stell­ten-Woh­nungs­bau-Gesell­schaft.

Pas­tor Joseph Ste­gers bei der Grund­stein­le­gung am 16. Juli 1953 zum 1. Bau­ab­schnitt der Berg­manns­sied­lung.

Am 01. Juni 1954 konn­ten bereits die ers­ten 20 sie­ben­bür­gi­schen Fami­li­en ihre Woh­nun­gen in die­sem  I. Bau­ab­schnitt bezie­hen, zu wel­chem die fol­gen­den Stra­ßen mit ins­ge­samt 438 Wohn­ein­hei­ten zähl­ten: Ost­land­stra­ße, Glück-Auf-Stra­ße, Sie­ben­bür­gen­stra­ße, Tschip­pen­dor­fer-Stra­ße, Frie­dens­platz, Hans-Böck­ler-Stra­ße, Erb­dros­ten-Allee, Emil-May­risch-Stra­ße, Self­kan­stra­ße und Les­sing­stra­ße.

Luft­auf­nah­me 1963 unten rechts: Sied­lung Ost, Obe­rer Teil: Sied­lung Nord-Ost

Nach­dem die AWOG Anfang 1955 zah­lungs­un­fä­hig gewor­den war, wur­den die Arbei­ten am zwei­ten Bau­ab­schnitt ein­ge­stellt. Erst Ende 1956 erteil­te der Gemein­de­rat der Bau­ge­sell­schaft „Nor­bert Metz“ die not­wen­di­gen Ansied­lungs­ge­neh­mi­gun­gen und die Bau­ar­bei­ten konn­ten fort­ge­setzt wer­den.

Die ers­ten zwei Bau­ab­schnit­te der Sied­lung bestan­den nur aus zwei Haus­ty­pen: Einem Ein­fa­mi­li­en­haus mit Ein­lie­ger­woh­nung und einem Haus mit vier oder sechs Drei­zim­mer­woh­nun­gen. Den Berg­leu­ten war es mög­lich, die Ein­fa­mi­li­en­häu­ser unter bestimm­ten Bedin­gun­gen preis­güns­tig zu erwer­ben.

Die noch im Besitz des Esch­wei­ler Berg­werks­ver­eins (EBV) ver­blie­be­nen Häu­ser wur­den in den 1990er Jah­ren reno­viert oder ver­kauft. Die neu­en Haus­be­sit­zer mach­ten sich oft dar­an, die Häu­ser unter gro­ßen Eigen­leis­tun­gen zu moder­ni­sie­ren und zu erwei­tern. Das erklärt das nun nicht mehr ein­tö­ni­ge Erschei­nungs­bild man­cher Stra­ßen in der Sied­lung.

Sie­he auch:

Der “Jacob-Triem-Platz”

Ecke Ostlandstraße/Im Bon­gert ist von der Kom­mu­ne ein schö­ner Platz zum Andenken an Jacob Triem, dem frü­he­ren Arbeits­di­rek­tor des Esch­wei­ler-Berg­werks-Ver­eins  ange­legt wor­den.

Jacob Triem – selbst aus einer alten Berg­ar­bei­ter­fa­mi­lie stam­mend – setz­te sich maß­geb­lich dafür ein, dass für die Anfang/Mitte der 50er Jah­re in immer grö­ße­rer Zahl vom Esch­wei­ler-Berg­werks-Ver­ein ange­wor­be­nen Arbeits­kräf­te guter und aus­rei­chen­der Wohn­raum geschaf­fen wur­de, wozu auch stets ein klei­ner Gar­ten gehör­te.

Der jüdische Friedhof

Juden­fried­hof Set­te­rich

Wir bie­gen in die Stra­ße „Im Bon­gert“ ein und errei­chen schon nach weni­gen Metern auf der lin­ken Sei­te den jüdi­schen Fried­hof. Die jüdi­sche Bevöl­ke­rung Set­te­richs erwarb hier um 1880 ein Grund­stück, um dar­auf ihre Toten bestat­ten zu kön­nen. Auf der 802 qm gro­ßen Flä­che ste­hen noch zehn Grab­denk­mä­ler aus der Zeit zwi­schen 1888 und 1917, von denen frei­lich vie­le Spu­ren gewalt­sa­mer Zer­stö­run­gen auf­wei­sen. Das Grund­stück ist im hin­te­ren Teil mit einer Mau­er, sonst durch eine leben­de Hecke ein­ge­grenzt.

Am 25. Novem­ber 1986 wur­de der Jüdi­sche Fried­hof in die Denk­mal­lis­te der Stadt Baes­wei­ler ein­ge­tra­gen.

Vor dem Fried­hof steht ein Gedenk­stein, der an die zum Teil ermor­de­ten, zum Teil geflo­he­nen jüdi­schen Ein­woh­ner des Dor­fes erin­nert. Von den etwa 1200 Ein­woh­nern Set­te­richs kurz vor dem 2. Welt­krieg, waren etwa 20 Juden. Dazu kamen noch eini­ge Juden aus dem Nach­bar­ort Baes­wei­ler, wo es kei­nen eige­nen jüdi­schen Fried­hof gab.

Gedenk­stein 1988 ein­ge­weiht

Die Bürgerbegegnungsstätte „Haus Setterich“

Etwa 100 m wei­ter bie­gen wir nach rechts in die Emil-May­risch-Stra­ße ein. Auf der rech­ten Sei­te sehen wir die im Mai 2012 fer­tig­ge­stell­te Bür­ger­be­geg­nungs­stät­te „Haus Set­te­rich“.

Das Haus Set­te­rich ist ein Haus, wel­ches das Leben in Set­te­rich und die Gemein­schaft der Bewoh­ne­rin­nen und Bewoh­ner för­dern möch­te. Eigen­tü­me­rin ist die Stadt Baes­wei­ler und Betriebs­trä­ger ist das Deut­sche Rote Kreuz, Kreis­ver­band Städ­te­Re­gi­on Aachen e.V..

Bevor es zum Bau die­ser Ein­rich­tun­gen kam, wur­den die Flä­chen über lan­ge Jah­re in den ver­schie­dens­ten For­men genutzt.

Nach­dem Ende der 50er Jah­re die Sied­lung zwi­schen den Stra­ßen Im Bon­gert, der Neu­en Stra­ße (heu­te Emil-May­risch-Stra­ße) und der Grün­stra­ße gebaut wur­de, blieb ein Grund­stück in der Grö­ße von ca. 95.000 qm unge­nutzt und dien­te Kin­dern und Jugend­li­chen als Spiel­wie­se und Bolz­platz.

In den 60er Jah­ren ver­än­der­te sich die Nut­zung die­ses Are­als der­art, dass dort auch öffent­li­che Ver­an­stal­tun­gen wie die St. Mar­tins-Fei­er mit dem Abbren­nen des Mar­tins-Feu­ers abge­hal­ten wur­den. Auch Kir­mes­ver­an­stal­tun­gen fan­den hier statt. Ab und an gas­tier­ten hier auch Zir­kus­se, die man für 50 Pfen­nig für Kin­der und 1,00 Mark für Erwach­se­ne besu­chen konn­te.

Ein­kaufs­zen­trum an der Emil-May­risch-Stra­ße

Die­se Nut­zungs­mög­lich­kei­ten waren aber zu Beginn der 70er Jah­re zu Ende. Die „West­kauf GmbH“ errich­te­te  1972 ein klei­nes Ein­kaufs­zen­trum, zu dem ein Super­markt, ein Flie­sen­shop, ein Pavil­lon mit Café, eine Tank­stel­le und die Gast­stät­te „Zum Stern“  mit Kegel­bah­nen gehör­te.

Das Café muss­te wegen man­geln­dem Umsatz bald wie­der schlie­ßen. Auch die Tank­stel­le hielt sich nicht lan­ge. Nach deren Schlie­ßung wur­de das Gebäu­de  von 1994 bis 2009 von der AWO genutzt.

Der am Ein­kaufs­zen­trum gele­ge­ne Park­platz mit teil­wei­ser Über­da­chung wur­de auch ger­ne für Trö­del­märk­te genutzt.

Im Jahr 2009 wur­den die Gebäu­de der Tank­stel­le abge­ris­sen und es begann der Bau der inte­gra­ti­ven Kin­der­ta­ges­stät­te Löwen­burg, die im Jah­re 2010 bezo­gen und in Betrieb genom­men wer­den konn­te.

Im glei­chen Jahr wur­de der gesam­te wei­te­re Gebäu­de­kom­plex – Super­markt, Gast­stät­te, Flie­sen­shop – abge­ris­sen, um einem neu­en Gebäu­de Platz zu machen: dem „Haus Set­te­rich“.