Setterich – die neuere Zeit

Die Kohle schuf eine neue Gemeinde

So lau­te­te eine Zei­tungs­über­schrift im Jah­re 1963. In einer Fei­er­stun­de aus Anlass der Erlan­gung der Selbst­stän­dig­keit für die Gemein­de Set­te­rich umriss der dama­li­ge Bür­ger­meis­ter Mar­tin Trib­bels die ein­ma­lig daste­hen­de Ent­wick­lung Set­te­richs, vom stil­len Dorf zur auf­stre­ben­den Indus­trie­ge­mein­de.


Die Zukunft begann, als der Esch­wei­ler Berg­werks­ver­ein (EBV) für die Stein­koh­len­för­de­rung auf der Zeche „Emil May­risch“ in Siers­dorf mehr und mehr Berg­leu­te anwarb, für die Woh­nun­gen geschaf­fen wer­den muss­ten.

Im Juli 1954 waren die ers­ten 438 im Rah­men des Berg­ar­bei­ter­woh­nungs­baus erstell­ten Woh­nun­gen in Set­te­rich bezugs­fer­tig.
Bis dahin hat­ten die Ein­woh­ner des Ortes mit sei­nen weni­gen Stra­ßen ein mehr oder weni­ger beschau­li­ches Leben geführt.
Die Ein­woh­ner­zahl, die am 1.1.1953 ledig­lich bei 1.195 lag, wuchs bereits am
1.9.1954 auf 2.537 Per­so­nen an. In den dar­auf fol­gen­den Jah­ren konn­te der Ort bis Juni 1959 rund 5.300 Ein­woh­ner ver­zeich­nen.
Set­te­rich ver­wan­del­te sich vom Stra­ßen­dorf zum einem Hau­fen­dorf. Inter­es­sant ist sicher­lich auch die Fest­stel­lung, dass rund 3.600 Bür­ger zu die­ser Zeit Flücht­lin­ge und Ver­trie­be­ne waren, von denen ein gro­ßer Teil bis zum heu­ti­gen Tage hier wohnt und sich wohl fühlt.
Die Neu­bür­ger bemüh­ten sich, durch die Grün­dung von Lands­mann­schaf­ten Wur­zeln zu schla­gen, eben­so wie die Ver­ei­ne und Ver­bän­de bewusst zur Pfle­ge der Gemein­schaft bei­getra­gen haben und sich dies auch wei­ter­hin zur Auf­ga­be machen.
Die Infra­struk­tur des Ortes muss­te den geän­der­ten Ver­hält­nis­sen immer wie­der ange­passt wer­den. So beschloss der Rat der Gemein­de unter ande­rem schon bald, eine Evan­ge­li­sche Volks­schu­le zu errich­ten.
Auch eine zwei­te Katho­li­sche Volks­schu­le wur­de erbaut. Die evan­ge­li­schen Chris­ten fei­er­ten ihre Got­tes­diens­te auf Ein­la­dung des kath. Pfar­rers Joseph Ste­gers in der dama­li­gen Not­kir­che, bevor sie am 23.2.1958 ein eige­nes Got­tes­haus ein­wei­hen konn­ten.
Nach dem Zechen­ster­ben in unse­rer Regi­on befürch­te­te man zunächst in Set­te­rich einen Rück­gang der Ein­woh­ner­zah­len aber der Ort wuchs über vie­le Jah­re und heu­te noch wer­den vie­le neue Wohn­be­rei­che aus­ge­wie­sen.

Der aktu­el­le Stand:

  • Zum 31. Juli 2017 zählt Set­te­rich 7727 Ein­woh­ner.
  • Im  Janu­ar  2022 zählt Set­te­rich 7854 Ein­woh­ner.

Wiesenfest 1952 in Setterich

Am Sams­tag, dem 26. Juli und am Sonn­tag, dem 27. Juli 1952 fand in Set­te­rich ein Wie­sen­fest der Pfar­re St. Andre­as statt. Erst­mals wur­de in den Nach­kriegs­jah­ren ein sol­ches Fest am 1. Okto­ber 1950 unter gro­ßer Betei­li­gung der Orts­ver­ei­ne, der Gewer­be­trei­ben­den, der Hand­werks­be­ru­fe und der kath. Volks­schu­le „en Pas­tu­ure Wee“ (Pas­tors Wie­se) – daher auch der Name Wie­sen­fest – durch­ge­führt. Die Wie­sen­fes­te dien­ten der Finan­zie­rung des Neu­baus der Kir­che, Pas­to­rat und Jugend­heim.

Der Sonn­tag begann mit dem Besuch des von Pas­tor Joseph Ste­gers in der Not­kir­che

zele­brier­ten Hoch­amts. In den Nach­mit­tags­stun­den folg­te dann bei aus­ge­las­se­ner Stim­mung ein fest­li­cher Umzug durch den Ort. Den Abschluss bil­de­te der Besuch des Wie­sen­fes­tes, wo die Orts­ver­ei­ne mit Speis und Trank für die not­wen­di­ge

Stär­kung sorg­ten, stand doch abends noch ein schweiß­trei-ben­des Preis­ke­geln und spä­ter der Besuch des Abschluss­bal­les auf dem Pro­gramm.

Das FWU – Insti­tut Film und Bild in Wis­sen­schaft und Unter­richt grün­de­te sich 1950 in Mün­chen mit 84 Mit­ar­bei­tern. Es erstell­te die­sen Film im 16mm For­mat als Lehr- und Lern­mit­tel für alle Schu­len, um die freie Volks­bil­dung und die Jugend­pfle­ge zu för­dern und damit der All­ge­mein­bil­dung zu die­nen.  

Der Film wur­de in den ers­ten Jah­ren hin und wie­der gezeigt, aber durch die nicht mehr funk­ti­ons­tüch­ti­gen Abspiel­ge­rä­te wur­de dies immer schwie­ri­ger. Für die For­schung, Dar­stel­lung und Erhal­tung der Set­te­ri­cher Geschich­te erhielt der GVS die Film­rol­le vom ehe­ma­li­gen Leh­rer an der Bab­a­ra-Schu­le Heinz Josef Küp­pers.

Der WDR ret­tet ana­lo­ges Film­ma­te­ri­al in unse­re digi­ta­le Zeit. Der 16mm Film wur­de vom WDR als erhal­tens­wert ein­ge­stuft, digi­ta­li­siert und uns als Eigen­tü­mer zur frei­en Ver­fü­gung gestellt.

Unter den Publi­ka­tio­nen fin­den Sie wei­te­re Infor­ma­tio­nen zum Wie­sen­fest.

Die Kohle verändert einen Ort

Der Berg­bau auf der Zeche „Emil-May­risch“ schuf zahl­rei­che Arbeits-plät­ze, gab vie­len ein neu­es zu Hau­se und form­te ein neu­es Set­te­rich

Um 1900 hat­ten weit­sich­ti­ge Berg­leu­te mit Pro­be­boh­run­gen in der Nähe von Siers­dorf begon­nen. Dabei stie­ßen sie auf enor­me Fett­koh­le­vor­rä­te, die den Esch­wei­ler Berg­werks Ver­ein (EBV) 1937 bewo­gen, bei Siers­dorf eine Zeche zu bau­en und ihr den Namen des ers­ten ARBED-Prä­si­den­ten Emil May­risch zu geben. Am 21. Mai 1938, zum 100. Geburts­tag des EBV, wur­de der „ers­te Spa­ten­stich“ in fei­er­li­cher Wei­se vor­ge­nom­men. Damit fass­te der Berg­bau im bis­lang land­wirt­schaft­lich gepräg­ten Jüli­cher Land, zu dem ja auch Set­te­rich gehör­te, Fuß.

Zu die­sem Zeit­punkt rech­ne­te wohl nie­mand damit, dass es noch rund 15 Jah­re dau­ern wür­de, bis auf der Gru­be „Emil-May­risch“ die ers­ten Koh­len geför­dert wür­den.

Ausbruch des zweiten Weltkriegs

Nach­dem im Som­mer 1938 die eigent­li­chen Abteuf­ar­bei­ten (Erschlie­ßung eines Schachts von oben nach unten zur Erschlie­ßung von Boden­schät­zen, hier: Stein­koh­le) begon­nen hat­ten, muss­ten die Arbei­ten mit Aus­bruch des zwei­ten Welt­kriegs zunächst für eini­ge Mona­te unter­bro­chen wer­den.

Erst Anfang 1940 konn­ten die Abteuf­ar­bei­ten wie­der auf­ge­nom­men wer­den. Ein schnel­les Fort­schrei­ten der damit ver­bun­de­nen Arbei­ten war jedoch infol­ge des sich bald abzeich­nen­den Man­gels an geeig­ne­ten Arbeits­kräf­ten und vor allem auch an Mate­ri­al nicht mög­lich.

In den ers­ten Kriegs­jah­ren wur­den zuneh­mend mehr Berg­leu­te zum Wehr­dienst her­an­ge­zo­gen und durch Kriegs­ge­fan­ge­ne und soge­nann­te „Ost­ar­bei­ter“ ersetzt. Auf höhe­re Anwei­sung hin muss­ten die Aus- und Vor­rich­tungs­ar­bei­ten auf „Emil-May­risch“ ein­ge­schränkt wer­den, um mög­lichst vie­le Arbeits­kräf­te für die Koh­le­ge­win­nung auf die übri­gen Gru­ben des Reviers zu ver­tei­len.

Am Ende des zwei­ten Welt­krie­ges boten die Betrie­be des EBV ein Bild der Zer­stö­rung. Auch die noch im Abteu­fen befind­li­che Gru­be „Emil-May­risch“ war durch die Kampf­hand­lun­gen schwer in Mit­lei­den­schaft gezo­gen wor­den. Auf­grund sach­frem­der, in ers­ter Linie poli­ti­schen Inter­es­sen des alli­ier­ten Kon­troll­organs, erging die Betriebs­ge­neh­mi­gung für die Neu­an­la­ge „Emil May­risch“ erst 1947.  Bis dahin waren auf der Schacht­bau­stel­le nur ver­hält­nis­mä­ßig unko­or­di­nier­te Auf­räum­ar­bei­ten durch­ge­führt wor­den, da der Groß­teil der Berg­leu­te auf Geheiß der Mili­tär­re­gie­rung auf den bereits in För­de­rung ste­hen­den Gru­ben des Reviers beschäf­tigt war.

Mit der Erlaub­nis zum Sümp­fen der abge­sof­fe­nen Schäch­te konn­te im Sep­tem­ber des Jah­res 1947 das Abteu­fen der Schäch­te fort­ge­setzt wer­den. Durch den nach wie vor bestehen­den Man­gel an Fach­kräf­ten, Mate­ri­al und Ener­gie wur­den die Arbei­ten aber auf´s äußers­te erschwert.

Erst die Wäh­rungs­re­form vom 21.06.1948 führ­te zu einer schritt­wei­sen Ver­bes­se­rung der gesam­ten wirt­schaft­li­chen und sozia­len Ver­hält­nis­se.

Die Aufnahme der Förderung auf „Emil Mayrisch“

Beim Aus­bau der Schacht­an­la­ge „Emil May­risch“ hat­ten bei­de Schäch­te 1949 die für den Ansatz der ers­ten Haupt­för­der­soh­le erfor­der­li­che Teu­fe von 710 m erreicht. Bis Ende 1950 war die Auf­fah­rung der ers­ten Haupt­för­der­soh­le bei 710 m Teu­fe sowie der Wet­ter­soh­le abge­schlos­sen. In den Jah­ren 1951 und 1952 wur­de Schacht II bis auf 860 m wei­ter­ge­teuft und anschlie­ßend die 860 m –Haupt­för­der­soh­le auf­ge­fah­ren. 

Am 15.04.1952 konn­te mit der Vor­rich­tung des ers­ten Abbau­be­trie­bes die plan­mä­ßi­ge För­de­rung auf­ge­nom­men wer­den.

Bei der geför­der­ten Koh­le han­del­te es sich, den Erwar­tun­gen ent­spre­chend, um erst­klas­si­ge Koks­koh­le, die bis zum Bau einer eige­nen Wäsche (1958) in der Anla­ge „Anna II“ in Als­dorf gewa­schen wur­de und anschlie­ßend zur Ver­ede­lung in die Koke­rei „Anna“ gelang­te.

Mit der Inbe­trieb­nah­me der ers­ten der ins­ge­samt zwei voll­au­to­ma­tisch elek­trisch betrie­be­nen Turm­för­der­ma­schi­nen an Schacht II erhöh­te sich die För­der­ka­pa­zi­tät der Anla­ge von 1750 t täg­lich auf etwa 5300 Tages­ton­nen.

Der Berg­mann “unter Tage” in frü­he­rer Zeit.

Koh­len­ab­bau mit dem Pick­ham­mer. Das Foto zeigt die seit dem Ers­ten Welt­krieg übli­che Abbau­me­tho­de. Koh­len­fall, Staub und die Belas­tung der Hand­ge­len­ke gefähr­de­ten die Gesund­heit der Arbei­ter.

Eine Nach­bil­dung eines Stol­len-Quer­gangs im Ener­ge­ti­con in Als­dorf. Die Auf­nah­me enstand bei unse­rer Besich­ti­gung im März 2016.

Der hohe Grad der Elek­tri­fi­zie­rung – die elek­tri­schen Maschi­nen- und För­der­an­la­gen unter­ta­ge wur­den zum Teil elek­tro­nisch gesteu­ert und durch opti­sche Signal­an­la­gen von Über­ta­ge über­wacht – lie­ßen „Emil May­risch“ zur Mus­ter­ze­che des Aache­ner Stein­koh­le­re­viers und zu einer der moderns­ten Zechen­an­la­gen Euro­pas wer­den.

Die Zeche schuf eine Vielzahl neuer Arbeitsplätze

Mit der Auf­nah­me der För­de­rung auf „Emil May­risch“ und der sich von Jahr zu Jahr stei­gern­den För­der­leis­tun­gen wur­de auch der Bedarf an Arbeits­kräf­ten immer grö­ßer. Die Zeche schuf also neue Arbeits­plät­ze und Arbeit wur­de in ganz Deutsch­land und spe­zi­ell auch im Ost- und Süd­eu­ro­päi­schen Aus­land drin­gend gesucht.

Im Rah­men der sog. „Koh­le­ak­ti­on“ wur­den 1953 Sie­ben­bür­ger-Sach­sen in Öster­reich für den Stein­koh­le­berg­bau ange­wor­ben. Vie­le von ihnen gelang­ten auf die­sem Weg im Win­ter 1953 auch nach Set­te­rich, um Arbeit auf „Emil May­risch“ auf­zu­neh­men. Nur weni­ge Mona­te spä­ter schon fand am 07. März 1954 die Grün­dungs­ver­samm­lung der Sie­ben­bür­gen-Kreis­grup­pe Set­te­rich statt und so ent­stand in unse­rem Dorf eine der ers­ten drei außer­halb Sie­ben­bür­gens geschlos­se­nen Sied­lun­gen.

Neu­es Wohn­ge­biet- Die Hon­te­rus­stra­ße im Auf­bau

Neben den Ver­trie­be­nen und Flücht­lin­gen aus den Ost­ge­bie­ten fan­den aber auch Berg­leu­te aus dem Saar­ge­biet und ande­ren Tei­len Deutsch­lands, in denen es kei­ne oder zu weni­ge Arbeits­plät­ze gaben, auf “Emil May­risch“ neue Arbeit.

Der Bedarf an Arbeits­kräf­ten auf „Emil May­risch“ blieb wei­ter­hin unge­bro­chen. Soge­nann­te Gast­ar­bei­ter wur­den ange­wor­ben. Der ers­ten Grup­pe aus Jugo­sla­wi­en, folg­ten Ita­lie­ner, Spa­ni­er und Marok­ka­ner.

Vor­her waren aber auch schon Nie­der­län­der auf der Zeche tätig, die wegen ihrer SS – Zuge­hö­rig­keit in ihrem Hei­mat­land kei­ne Arbeit mehr fan­den.

Der spä­te­re Bun­des­kanz­ler und Frie­dens­no­bel­preis­trä­ger Wil­ly Brandt besuch­te Set­te­rich
Foto: Leo Zie­mer

Der SPD-Kanz­ler­kan­di­dat Wil­ly Brandt besuch­te im Rah­men des Bun­des­tags­wahl­kampfs Ende August 1961 die Zeche „Emil-May­risch“. Dabei mach­te er auch einen Abste­cher nach Set­te­rich. Hier hielt er in der Emil-May­risch-Stra­ße vor zahl­rei­chen Schau­lus­ti­gen eine Rede.
Im Hin­ter­grund ist rechts über sei­ner Schul­ter der Kirch­turm der Gna­den­kir­che zu sehen.

1970 schlug die Regie­rung der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land der süd­ko­rea­ni­schen Regie­rung eine Ver­ein­ba­rung vor, der zufol­ge die Bun­des­re­pu­blik sich bereit­erklär­te, „als Bei­trag zur Ent­wick­lung des korea­ni­schen Berg­baus bis zu 1000 korea­ni­sche Berg­ar­bei­ter für eine Beschäf­ti­gung im Unter­ta­ge­be­trieb des deut­schen Stein­koh­len­berg­baus zuzu­las­sen.“ Die­se Ver­ein­ba­rung wur­de auf drei Jah­re befris­tet. Sie dien­te dem Zweck, die beruf­li­chen Kennt­nis­se der korea­ni­schen Berg­ar­bei­ter zu erwei­tern und zu ver­voll­komm­nen. Auch in Set­te­rich wur­den in die­ser Zeit korea­ni­sche Berg­ar­bei­ter wohn­haft.

Die Ein­woh­ner­zahl Set­te­richs klet­ter­te von 1.210 im Jah­re 1950 auf rund 6.000 im Jahr 1963. Neu­er Wohn­raum wur­de also drin­gend benö­tigt. Es wur­de flei­ßig gebaut.  Neue Bau­ge­bie­te wur­den aus­ge­wie­sen.

Als am 16. Juli 1953 am Nord­rand des alten Dor­fes fei­er­lich der Grund­stein zur Set­te­ri­cher Berg­manns­sied­lung gelegt wur­de, muss­te die bald ein­set­zen­de schu­li­sche Ent­wick­lung der auf­stre­ben­den Gemeinde.mit ein­be­rech­net wer­den. Die Gemein­de­ver­tre­tung war sich zu Beginn der Ent­wick­lung des Ortes dar­über im Kla­ren, dass auf die Dau­er die ein­zi­ge viert­klas­si­ge Volks­schu­le im Ort in kei­ner Wei­se den stark anstei­gen­den Schü­ler­zah­len gerecht wer­den konn­te.

Es war nach den bereits vor­lie­gen­den Besied­lungs­plä­nen zudem damit zu rech­nen, dass in dem bis­her nahe­zu rein katho­li­schen Dorf nun­mehr auch zahl­rei­che evan­ge­li­sche Chris­ten ihre Hei­mat fin­den wür­den. Ein unver­meid­lich wer­den­der Schul­neu­bau muss­te aus die­sen Über­le­gun­gen her­aus ent­ste­hen. So wur­de sei­tens der Gemein­de der Neu­bau einer evan­ge­li­schen Schu­le beschlos­sen. Dem Alt­dorf soll­te durch einen Erwei­te­rungs­bau die katho­li­sche Schu­le erhal­ten blei­ben. (Chro­nik der Kath. Volks­schu­le, Band I, S. 14) Die Schul­sta­tis­tik ver­zeich­ne­te am 21. Sep­tem­ber 1954 165 katho­li­sche und 111 evan­ge­li­sche Schü­ler. Erst­ma­lig wur­de mit Horst Kal­le ein evan­ge­li­scher Leh­rer nach Set­te­rich ver­setzt.

Waren bis zu die­sem Zeit­punkt die Kin­der der bei­den Bekennt­nis­se noch gemein­sam unter­rich­tet wor­den, so erfolg­te nun die Tren­nung in zwei Schu­len, obwohl bei­de sich zunächst noch mit einem gemein­sa­men Schul­ge­bäu­de begnü­gen muss­ten. Der Unter­richt fand im wöchent­li­chen Wech­sel der jewei­li­gen Schu­len statt, das heißt, jede Woche hat­te eine Schu­le vor­mit­tags und eine Schu­le nach­mit­tags Unter­richt.

Da die Schul­räu­me für die rasch wach­sen­de Zahl der Schul­kin­der nicht aus­reich­ten, erfolg­te zunächst in meh­re­ren Abschnit­ten der Aus­bau der Kath. Volks­schu­le.

Am 06. Sep­tem­ber 1956 konn­te dann der im Dezem­ber 1954 begon­ne­ne Bau der Evan­ge­li­schen Volks­schu­le ein­ge­weiht wer­den. Zunächst vier­klas­sig geplant, erwies sich das Gebäu­de schon bei der Ein­wei­hung als zu klein. 230 Kin­der muss­ten sich in 10 Klas­sen die vor­han­de­nen Klas­sen­räu­me tei­len. Dies war nur im Schicht­be­trieb mög­lich. Die Gemein­de kam nicht umhin, einen Erwei­te­rungs­bau in Angriff zu neh­men. Nach Fer­tig­stel­lung nahm die Schu­le dann am 30. August 1958 380 Kin­der auf. Da die Zahl der evan­ge­li­schen Schü­ler jedoch wei­ter zunahm, erwies sich schon in den Jah­ren 1962/63 der Anbau eines drit­ten Trak­tes als unum­gäng­lich. 

Set­te­rich galt in die­ser Zeit als kin­der­reichs­te Gemein­de der Bun­des­re­pu­blik.

Eine Auf­nah­me vom letz­ten Erwei­te­rungs­bau der Les­sing­schu­le im Jah­re 1961

Als weit­aus größ­te Gemein­de im Amts­ver­band Immendorf-Würm ent­schied sich die Gemein­de­ver­tre­tung am 06. April 1962 für das Aus­schei­den aus die­sem Amts­ver­band und für die Selb­stän­dig­keit Set­te­richs. Bür­ger­meis­ter der ab 01. Janu­ar 1963 selb­stän­di­gen Gemein­de Set­te­rich wur­de Bür­ger­meis­ter Mar­tin Trib­bels und zum Gemein­de­di­rek­tor wur­de Franz Cra­nen gewählt.

Den guten Kon­tak­ten Franz Cra­nens – der auf die Unter­stüt­zung des Gemein­de­ra­tes bau­en konn­te – war es zu es zuzu­schrei­ben, das För­der­mit­tel bei über­ge­ord­ne­ten Stel­len gezielt bean­tragt wur­den und so flos­sen, dass die schnel­le Ent­wick­lung unse­res Ortes wei­ter­ge­hen konn­te.

Die rasante Entwicklung Setterichs ging weiter

  • Der Bau und die Finan­zie­rung einer Turn­hal­le mit Lehr­schwimm­be­cken an der St. Andre­as-Schu­le wur­de 1963 von der Bezirks-Regie­rung geneh­migt.
  • Noch im glei­chen Jahr gab der Gemein­de­rat „grü­nes Licht“ für den Neu­bau der Schu­le in Set­te­rich-Ost (Bar­ba­ra-Schu­le), die 16 Klas­sen­räu­me umfas­sen soll­te.
  • Im Mai 1964 wur­de mit dem Bau eines neu­en Rat­hau­ses begon­nen.
  • Am 24. Juli 1964 beschloss der Gemein­de­rat die Ein­rich­tung einer Real­schu­le.
  • Einen Tag spä­ter wur­de das fer­tig­ge­stell­te Sport­zen­trum an der Wolfs­gas­se mit Turn- und Schwimm­hal­le sei­ner Bestim­mung über­ge­ben.
  • Am 26.11.1965 konn­te die kath. Volks­schu­le St. Bar­ba­ra ein­ge­weiht wer­den.
  • Am 08.11.1967 erfolg­te unter Teil­nah­me des Bun­des­mi­nis­ters für Fami­lie und Jugend, Dr. Bru­no Heck, die Grund­stein­le­gung der Real­schu­le.
  • Am 23.03.1968 wur­de die Turn­hal­le an der evan­ge­li­schen Volks­schu­le ihrer Bestim­mung über­ge­ben.
  • Am 13.12.1968 erfolg­te die offi­zi­el­le Ein­wei­hung der Real­schu­le unter Teil­nah­me der Bun­des­mi­nis­te­rin Frau Dr. Änne Brauk­sie­pe.
  • Am 24.06.1969 beschloss der Set­te­ri­cher Gemein­de­rat die Ein­rich­tung einer Volks­hoch­schu­le.
  • Am 07.051971 wur­de die Turn­hal­le an der Real­schu­le mit einem sport­li­chen Rah­men­pro­gramm ein­ge­weiht.

In Set­te­rich war also alles bes­tens gerich­tet (in „Neu-Deutsch“ wür­de es heu­te wohl hei­ßen: Set­te­rich war bes­tens auf­ge­stellt), bevor durch das „Gesetz zur Neu­glie­de­rung der Gemein­den und Krei­se des Neu­glie­de­rungs­rau­mes Aachen“ die frü­he­ren Gemein­den Baes­wei­ler, Oidt­wei­ler, Puf­fen­dorf und Set­te­rich mit Wir­kung vom 01. Janu­ar 1972 zur neu­en Gemein­de Baes­wei­ler zusam­men­ge­schlos­sen und dem Kreis Aachen zuge­ord­net wur­den.

Stadtteil von Baesweiler

Die kommunale Neugliederung beendet Setterichs Selbstständigkeit

Wie in allen ande­ren Län­dern der Bun­des­re­pu­blik mit Aus­nah­me der Stadt­staa­ten setz­te sich auch in Nord­rhein-West­fa­len in den 1960er Jah­ren die Erkennt­nis durch, dass die Gemein­de­struk­tu­ren, die im Wesent­li­chen noch auf das 19. Jahr­hun­dert zurück­gin­gen und letzt­mals im Jah­re 1929 eine grö­ße­re Reform erfah­ren hat­ten, nicht mehr zeit­ge­mäß sei­en. Es soll­ten grö­ße­re, den Zie­len der Raum­ord­nung ange­pass­te Struk­tu­ren geschaf­fen wer­den.

Vor Beginn der Reform bestan­den in Nord­rhein-West­fa­len 6 Regie­rungs­be­zir­ke, 38 kreis­freie Städ­te, 57 Land­krei­se, 294 Ämter mit 1.877 amts­an­ge­hö­ri­gen Gemein­den sowie 450 amts­freie kreis­an­ge­hö­ri­ge Gemein­den. Zu einer der letzt­ge­nann­ten 450 Gemein­den zähl­te auch Set­te­rich.

Teil­wei­se auch gegen erbit­ter­ten Wider­stand der betrof­fe­nen Gemein­den, Städ­te und Krei­se fand die Reform ihren Abschluss im Jah­re 1974. Am Ende gab es in NRW nur noch 396 Gemein­den und 31 Krei­se.

Wie für ande­re Regio­nen in Nord­rhein-West­fa­len war auch für die Neu­glie­de­rung der Gemein­den und Krei­se des Neu­glie­de­rungs­rau­mes Aachen ein eige­nes Gesetz erlas­sen wor­den, das Aachen-Gesetz vom 14. Dezem­ber 1971.

In die­sem Gesetz hieß es im § 25 lapi­dar: Die Gemein­den Baes­wei­ler, Beg­gen­dorf, Oidt­wei­ler, Puf­fen­dorf und Set­te­rich wer­den zu einer neu­en Gemein­de zusam­men­ge­schlos­sen. Die Gemein­de erhält den Namen Baes­wei­ler.

Und zur neu­en Kreis­an­ge­hö­rig­keit wur­de im § 49 aus­ge­führt: Die Gemein­den Her­zo­gen­rath, Als­dorf, Wür­se­len, Baes­wei­ler, Esch­wei­ler, Stol­berg, Roet­gen, Sim­mer­ath und Mon­schau wer­den zu einem neu­en Kreis zusam­men­ge­fasst. Der neue Kreis erhält den Namen Aachen.

Damit war nach nur 9 Jah­ren für die Gemein­de Set­te­rich die Selb­stän­dig­keit vor­bei. Mit berech­tig­tem Stolz konn­ten die Ver­ant­wort­li­chen in Rat und Ver­wal­tung aller­dings auf das in den zurück­lie­gen­den Jah­ren Geschaf­fe­ne zurück­bli­cken. Bei­spiels­wei­se sol­len hier nur auf­ge­zählt sein:

  • Der Aus­bau der Kana­li­sa­ti­on
  • Die Moder­ni­sie­rung der Stra­ßen­be­leuch­tung
  • Der Bau einer Turn­hal­le mit Lehr­schwimm­be­cken und öffent­li­cher Sau­na an der Wolfs­gas­se
  • Der Bau der Bar­ba­ra­schu­le
  • Der Bau der Real­schu­le
  • Der Bau der Drei­fach­turn­hal­le zwi­schen Bar­ba­ra­schu­le und Real­schu­le
  • Die Erwei­te­rungs­bau­ten der Andre­as­schu­le und der evan­ge­li­schen Schu­le
  • Der Bau einer Turn­hal­le an der evan­ge­li­schen Schu­le
  • Der Bau eines Hilfs­kran­ken­hau­ses unter die­ser Turn­hal­le
  • Der Bau des Rat­hau­ses
  • Die Anla­ge des Burg­parks
  • Die Ein­rich­tung einer Volks­hoch­schu­le
  • Die Ein­rich­tung einer Son­der­schu­le für Lern­be­hin­der­te
  • Der Bau eines Sport­sta­di­ons an der Wolfs­gas­se

Am 14.01.1975 wur­den der Gemein­de Baes­wei­ler durch Beschluss der Lan­des­re­gie­rung Nord­rhein-West­fa­len die Stadt­rech­te ver­lie­hen.

Heu­te beher­bergt die Stadt Baes­wei­ler 28.848 Ein­woh­ner, davon leben 7.805 in Set­te­rich (Stand: Sep­tem­ber 2020).

Heinz Röm­gens